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Hitzeinsel-Effekt in Städten reduzieren Tipps & Lösungen

Hitzeinsel-Effekt in Städten reduzieren

Letztes Update: 15. Juli 2024

Die bevorstehende Hitzewelle in Europa stellt Städte vor große Herausforderungen. Erfahren Sie, wie Städte den Hitzeinsel-Effekt durch mehr Grünflächen, helle Materialien und nachhaltige Kühlmethoden reduzieren können.

Hitzewelle erfasst Europa: Wie sich Städte jetzt wappnen können

Die aktuellen Wetterprognosen sind alarmierend: Neue Hitzerekorde stehen bevor. In Süd- und Südosteuropa steigen die Temperaturen auf bis zu 46 Grad. In Italien haben Behörden in sieben Städten, darunter auch Rom, Alarmstufe Rot ausgerufen. Auch Deutschland wird von den Ausläufern dieser Hitzewelle nicht verschont bleiben. Besonders betroffen sind Städte, wo es durch die hohe Versiegelung mit wärmespeichernden Materialien bis zu 15 Grad heißer als im Umland wird. Dieser sogenannte Hitzeinsel-Effekt belastet die Gesundheit extrem. Dehydrierung, Herz-Kreislauf-Probleme und Atemschwierigkeiten machen vor allem älteren Personen und gesundheitlich angeschlagenen Menschen schwer zu schaffen. Doch Städte und Kommunen sind der Klimakrise nicht hilflos ausgeliefert. Welche Maßnahmen besonders wirksam sind, zeigen Projekte wie die der baden-württembergischen Stadt Rastatt, die Quartiersentwicklung Berlin TXL oder die nordrhein-westfälische Kommune Dormagen.

Fünf Empfehlungen gegen städtische Wärmeinseln

1. Für ausreichend Schatten sorgen

Die einfachste und kostengünstigste Methode, um Straßen und Freiflächen vor der Hitze zu schützen, sind Bäume oder andere Schattenelemente. Einfache Methoden wie Haltestellendächer oder Bänke im Schatten ermöglichen es Menschen, sich bei hoher Anstrengung auszuruhen. "Der Baumbestand in Städten ist extrem wichtig. Bäume spenden nicht nur Schatten, sie kühlen auch die Luft durch Verdunstung", erklärt Gregor Grassl. In Rastatt sorgen rund 1.000 neu gepflanzte Bäume im Stadtgebiet für kühlere Temperaturen im Sommer. Gleichzeitig nehmen sie CO2 und Schadstoffe auf, produzieren Sauerstoff und sorgen damit für eine bessere Luftqualität.

2. Durch Grünfassaden kühlen und Flächen entsiegeln

Für ein besseres Mikroklima spielt auch die Entsiegelung eine wichtige Rolle. "Plätze und Wege müssen nicht unbedingt asphaltiert sein. Kiesflächen wie in Biergärten oder Rasengittersteine für Parkplätze reduzieren den Hitzeeffekt und sind sogar noch kostengünstiger als Asphalt", sagt Grassl. "Leider werden immer noch zahlreiche Flächen wie Verkehrsinseln versiegelt, anstatt dort Blumenwiesen anzulegen, die zur Förderung der Biodiversität beitragen könnten."

Zur Begrünung von Städten gehören neben Bäumen und Grünstreifen auch vertikale Grünfassaden, wie sie am Drees & Sommer Bürogebäude OWP12 in Stuttgart zu finden sind. Dort erstreckt sich die Grünfassade auf einer Fläche von mehr als 100 Quadratmetern über drei Geschosse mit einer Höhe von 12 Metern. Dadurch heizt sich die Immobilie weniger auf, die Pflanzenwände filtern Schadstoffe aus der Luft und dämmen Lärm. Ein weiteres Plus: Das Grün bietet Lebensraum für Pflanzen und Tiere und sorgt damit für mehr Artenvielfalt.

3. Helle Flächen mit hoher Albedo einsetzen

Neben mehr Grünflächen wirken helle, reflektierende Materialien der Hitze in Städten entgegen. Diese können an heißen Tagen eine übermäßige Wärmeeinstrahlung reduzieren. In der Stadtplanung wird dies als Albedo-Effekt bezeichnet. Kurzwellige Strahlung wird reflektiert und das Material erhitzt sich nicht. Besonders positive Ergebnisse erzielt der Albedo-Effekt in dicht bebauten Gebieten mit großen Dachflächen. Helle Betonflächen, Pflasterbeläge aus Beton oder Naturstein oder schottergebundene Decken eignen sich am besten. Eine Kombination aus rauen Oberflächen, porösen Materialien und helleren Farben beim Belag sorgt auch für eine niedrigere Oberflächentemperatur und eine höhere thermische Speicherkapazität. Sofern erforderlich, lassen sich Oberflächen durch das Auftragen einer hellen Farbe im Nachhinein aufhellen.

4. Nachts mit energiearmen Lösungen kühlen

Was vielen nicht bewusst ist: Klimaanlagen verstärken den Hitzeinsel-Effekt noch weiter. "Klimaanlagen wie Splitgeräte sind für den Außenraum doppelt so schlimm, da sie genau dann laufen, wenn es heiß ist. Während sie zwar den Innenraum kühlen, heizen sie durch Abwärme genau im gleichen Moment den Außenraum noch auf. Das führt dazu, dass noch mehr gekühlt werden muss. Das ist ein Teufelskreis", so Grassl.

Besser sei es, in Gebäuden auf Low-Tech-Systeme zu setzen. Hierbei wird viel Speichermasse im Gebäude eingebaut, um es nachts durch die Außenluft zu kühlen. Tagsüber bleiben Fenster und Türen geschlossen. "Wenn es nachts draußen zu warm wird, funktioniert dieses Prinzip nicht mehr. Bei der zukünftigen Entwicklung müssen also auch eigentlich energiesparende und nachhaltige Gebäude aufgrund des Klimawandels saniert werden", merkt Grassl an. Als Alternativen für natürliche Kühlung lassen sich Fußbodenheizungen im Sommer relativ einfach als Kühlböden nutzen. Eine Möglichkeit besteht darin, den Wasserkreislauf nachts abzukühlen und die Wärme aus den Innenräumen nach außen abzuführen. Es ist auch möglich, Decken als Kühlfläche zu nutzen.

Auf Quartiersebene sind sogenannte Low-Energy-Netze sinnvoll, mit denen man sowohl heizen als auch kühlen kann. Das funktioniert so: Im Idealfall wird Wasser im Sommer zum Kühlen verwendet und dadurch erwärmt. Das erwärmte Wasser wird daraufhin gespeichert. Im Winter wird das warme Wasser zum Heizen genutzt und erneut abgekühlt. Dieses Verfahren kann sich im Sommer sogar positiv auf die Gesamtenergiebilanz auswirken.

5. Höher bauen gegen Überhitzung

"Hochhäuser beschatten sich gegenseitig und schützen die Wohnungen vor dem Aufheizen. Damit das funktioniert, dürfen die Fensterflächen nicht mehr als 40 Prozent betragen. Glaspaläste sind kostspielig im Energieverbrauch, sowohl im Sommer als auch im Winter, da Glas eine schlechte Dämmung bietet", erklärt Gregor Grassl.

Ein weiterer Vorteil: Hochhäuser erzeugen Verwirbelungen und Aufwinde. Das trägt zu einer besseren Durchlüftung der Quartiere bei. Gezielt eingesetzt dienen sie der Abkühlung und sind mit natürlichen Landschaftselementen wie einem Fluss vergleichbar, der neben der Kühlung durch das Wasser auch immer als Frischluftschneise und durch seine Bewegung als Durchlüftungszone beiträgt.

Zwei Seiten einer Medaille: Klimaschutz und Klimaanpassung

Klimaschutz und Klimaanpassung sind für Gregor Grassl zwei untrennbare Dimensionen der Klimakrise und sollten nicht gegeneinander ausgespielt werden. "Häufig diskutieren wir darüber, ob wir entweder unsere Dächer begrünen oder sie besser mit Photovoltaikanlagen ausstatten sollten. Ersteres dient der Klimaanpassung, zweiteres dem Klimaschutz." Dabei zeigen zahlreiche Studien, dass sich beides problemlos kombinieren lässt und sich sogar Synergien daraus ergeben können. Photovoltaik-Module auf Gründächern erzielen sogar einen höheren Ertrag, da sie durch die Kühlung des Gründaches effizienter arbeiten.

Die Belastung durch Hitze in städtischen Gebieten ist eine große Herausforderung für die Gegenwart und Zukunft. Aber sie bietet auch eine Gelegenheit, unsere Städte lebenswerter, nachhaltiger und widerstandsfähiger zu gestalten. Durch gezielte Maßnahmen können wir nicht nur die Hitzebelastung in Städten reduzieren, sondern auch weitere Vorteile erzielen, wie eine verbesserte Luftqualität, höhere Energieeffizienz und größere Biodiversität.

Passende Projektbeispiele, die Drees & Sommer begleitet:

Gesprächspartner für Rückfragen:

Gregor Grassl ist Associate Partner und Leiter für grüne Stadtentwicklung beim auf Bau und Immobilien spezialisierten Beratungsunternehmen Drees & Sommer SE mit Hauptsitz in Stuttgart. Er studierte Architektur in München und anschließend Stadtplanung in Stuttgart. 2007 startete er bei Drees & Sommer. Der Schwerpunkt seiner Tätigkeit liegt im Bereich der nachhaltigen Stadt- und Quartiersentwicklung - und dabei insbesondere auf Klimaschutz- und Klimaanpassungskonzepten. 2013 wurde Gregor Grassl von der Zukunftsinitiative der Bundesregierung in die "Nationale Plattform Zukunftsstadt" berufen. Er ist zudem Mitautor des Fachbuchs "Nachhaltige Stadtplanung" und unterrichtet an der DGNB Akademie angehende DGNB Auditoren und Consultants.

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